07. Mai 2020 von Michel Doermer mit 1 Kommentar/en

Was Sie schon immer über Videokonferenzen wissen wollten – Teil I


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Sorry, wenn der folgende Vergleich etwas ungehobelt daherkommt. Aber wie wir uns derzeit in Videokonferenzen verhalten, erinnert an Teenager-Sex: jeder hat schon mal davon gehört, denn es handelt sich um ein seit Jahren bekanntes Phänomen. Nur keiner hat‘s bisher gemacht. Nun aber, nach dem ersten Mal, um so mehr. Allerdings, so richtig klappen will es nicht; selbst nach mehreren Wochen wiederholter Praxis. Dabei könnte es so einfach sein und auch so schön. Wenn man nur wüsste, wie es richtig geht.

Die Rede ist von Videokonferenzen ohne Struktur, Überforderung bei der Moderation, ständig dazwischen Quasselnde, Tech-Nerds, die meinen, sie täten was Gutes, wenn sie externe, hochauflösende Kameras anschließen, Bildausschnitten und -hintergründe, die schlimm sind, Kamerawinkel die schwindelig machen und eine Tonqualität, die eine Idee von akustische Folter vermittelt.

Ein Leben in Videokonferenzen ist ein besseres, wenn die Tonqualität keinen Stress auslöst.

In Kanada führt schlechte Tonqualität in Videokonferenzen zu Spitzenwerten beim Krankenstand von Dolmetschern. Dort werden Parlamentssitzungen simultan übersetzt. Da die Parlamentarier sich in Corona-Zeiten aus dem Home-Office mit schlechtem Audio-Equipment zuschalten, leiden Simultanübersetzer an Kopfschmerzen, Tinnitus, Übelkeit und akuten akustischen Schocks.

Ziel dieses Blogbeitrags ist es, konkrete Handlungsempfehlungen für eine bessere Tonqualität in Videokonferenzen zu geben. Dazu muss niemand in ein professionelles Tonstudio investieren. Deutliche Verbesserungen lassen sich mit einfachen Mitteln erreichen. Damit jeder und jede selbst hören kann, was hier erörtert wird, finden sich am Textende eine Reihe von Audioaufnahmen mit unterschiedlichen Mikrofonen als Hörbeispiele. In einem zweiten Blogbeitrag, der in Kürze folgt, gibt es Ratschläge zu Licht, Kameraeinstellungen und Bildhintergrund sowie Verhaltensregeln in einer Videokonferenz.

Audio ist wichtiger als Video

Auch wenn hier die Rede von Videokonferenzen ist, sollte niemand dem Trugschluss erliegen, dass Audio keine Rolle spielt. Tatsächlich ist die Tonqualität entscheidend, wann immer man es mit Bewegtbildformaten zu tun hat. Das weiß, wer schon mal beim Fernsehen oder der Filmproduktion gearbeitet hat. Gerade bei Videokonferenzen ist das, was man hört wichtiger als das, was man sieht. So sind in einer Videokonferenz mit mehr als 10 Teilnehmenden die Gesichter kaum größer als eine Briefmarke. Ist die Tonqualität hingegen schlecht, löst dies Stress aus. Tonstörungen wie vor allem starker Hall und deutlich vernehmbares, permanentes Rauschen, aber auch Übersteuerungen, Kratzen, Klirren, Klopfen, mal zu laute, mal zu leise Wortbeiträge, Rückkoppelungen und andere akustische Fiesematenten führen dazu, dass früher oder später alle innerlich abschalten. In der Konsequenz werden so konstruktive, konzentrierte Diskussion ebenso verhindert wie gute Ergebnisse.

Außerdem ist es so, dass die in handelsüblichen Laptops verbauten Kameras oftmals HD-Qualität haben. Das reicht für Videokonferenzen vollkommen aus. Selbst für TV-Liveschalten ist das OK. Hingegen sind die verbauten Mikrofone im Vergleich zu den Kameras viel schlechter. Wer sich in Videokonferenzen umhört, könnte auf die Idee kommen, dass es sich um Industrieschrott handelt. So schlimm ist es aber gar nicht. Vielmehr liegt die Grausamkeit der Audioqualität in der Kombination aus zwei Begebenheiten. Erstens sind die in Laptops verbauten Mikrofonen zumindest teilweise nicht besonders gut. Zweitens sind die Räume, in denen sie verwendet werden in der Regel in keinerlei Weise akustisch optimiert. So überwiegen in Büros und im Home-Office zumeist glatte Möbeloberflächen, blanke Fußböden, kahle Wände und Fensterscheiben. Und das erzeugt Hall. Deswegen ist die einfache Lösung, auf die eingebauten Mikrofone zu verzichten und anstelle dessen auf qualitativ bessere, externe Mikrofone zurückzugreifen. Die werden in der Regel über USB- oder auch Miniklinke am Laptop angeschlossen.

Guter Ton muss nicht viel kosten

Viele haben bereits ein externes Mikrofon, ohne sich dessen bewusst zu sein. Es lohnt sich mal in der Schublade nachzuschauen, ob da noch ein kabelgebundenes Headset mit Klinkenstecker liegt, das mit dem Smartphone mitgeliefert wurde. Auch In-Ear-Kopfhörer mit Bluetooth, die viele beim Sport nutzen, haben oftmals eine bessere Tonabnahme als eingebaute Laptop-Mikrofone. Eine andere Lösung mit guter Tonqualität ist etwa ein dynamisches Mikrofon, das Amateurrocker oder -jazzer wenn nicht griffbereit, dann im Karton im Keller liegen haben. Um ein dynamisches Mikrofon allerdings an den Laptop anschließen zu können, braucht es ein Mischpult, das es in einer kleinen Version für unter 50 EUR zu kaufen gibt. Einige haben vielleicht eine mobile Telefonspinne, die ebenfalls bessere Tonqualität bietet, als eingebaute Mikrofone.

Die genannten Beispiele sind in der Regel besser als in handelsüblichen Laptops eingebaute Mikrofone. Wer allerdings regelmäßig beruflich in Videokonferenzen teilnimmt, dort auch mal die Moderation übernimmt, audiostörungsfrei überzeugen möchte, Impulsvorträge gibt, Schulungen anbietet, Bewerbungsgespräche führt oder Journalisten und Journalistinnen Interviews gibt, sollte sich überlegen 50 EUR bis 200 EUR zu investieren. Für dieses Geld sind Mikrofone erhältlich, die gute bis sehr gute Tonqualität bieten und zwar in der widrigen Audioumgebung wie Home-office oder Büro. Zugleich bekommt man ein Gerät, mit dem man schon bald ein neues Hobby ausüben könnte: Podcasting.

Übrigens, mit Mikrofonen verhält es sich ähnlich wie mit Schutzmasken, die wir in Corona-Zeiten im Supermarkt und öffentlichen Verkehrsmitteln tragen. Selbst höre ich keinen besseren Ton, wenn ich ein externes Mikrofon nutze, aber sende keine Tonstörungen mehr aus. Ich hingegen bin darauf angewiesen, dass andere ein Mikrofon nutzen, um nicht durch Akustikschrott Stress ausgesetzt zu werden.

Audiotests

Die folgende Liste an Tonaufnahmen ist weder vollständig noch ist sie eine Kaufempfehlung. Ebenso wird auf Einnahmen durch Affiliate-Links verzichtet, da dies nicht das Geschäftsmodell der Manufaktur für Strategie und Kommunikation ist. Hingegen beraten und trainieren wir, etwa auch Parkettsicherheit in der Videokonferenz in einem virtuellen Medientraining. Die folgenden Audiotests dienen allein dazu, Unterschiede in der Tonqualität zu verdeutlichen. Zu beachten sind insbesondere der Hall und das Rauschen.

Audiotest mit dem eingebauten Laptop-Mikrofon des MacbookPro 2015

 

Audiotest mit einem ’noname‘ kabelgebunden Headset mit Klinkenstecker

 

Audiotest mit Apple EarPods mit Klinkenstecker

 

Bowers&Wilkins P5, Klinkenstecker

 

beyerdynamic FOX, USB-Mikrofon

 

Blue Yeti X, USB-Mikrofon

 

Shure SM 58, dynamisches Mikrofon mit XLR-Stecker

 

 

 

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Alice
2 Jahre zuvor

Danke für diesen tollen Blog. War sehr interessant zu lesen.

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